Licht aus, hinsetzen, keine Chips essen, nicht nebenbei mails checken, Handys aus. Auch nicht reden, nicht die Beine ausstrecken, Bonbons nur leise auswickeln und nicht mit dem Programmheft rascheln. Was für eine Disziplin Theater vom Zuschauer verlangt. Warum tut er sich das an?

Weil es einen besonderen Reiz hat, wenn Menschen ohne zeitliche Versetzung und ohne mediale Vermittlung anderen Menschen eine Geschichte erzählen: Volles Risiko, ständig im Bewusstsein, Scheitern zu können - ganz nah, ganz unvermittelt, ganz wahr. Sie sind alle
da, starren einen an, sind mucksmäuschenstill und opfern einem Zeit, Bequemlichkeit und Unabhängigkeit - zumindest für zwei Stunden, bis sich der Vorhang wieder senkt. Nirgendwo sonst lassen sich große Ideen und kleine Begebenheiten so direkt VON MENSCH ZU MENSCH kommunizieren, wie im Theater.

„Musical ist das Theater für die Generation Kino.“

Keine andere Bühnenform kann so viele Dinge auf einmal: Dialoge, die sich solange steigern, bis es keine Worte mehr gibt, für das was gesagt werden will. Dann der Einsatz von Musik: Unvermittelt und doch herbeigesehnt, der plötzliche Wechsel von gesprochener Zeit zu lyrischer Zeit bringt Rhythmus in das Chaos menschlicher Emotionen, ermöglicht Gleichzeitigkeit und erlaubt gesteigerten Ausdruck. Es entsteht Reibung zwischen den beiden „Zeiten“, die wie ein Streichholz auf rauer Zündfläche wirkt: Plötzlich ist da Feuer, dem Zuschauer läuft ein heisskalter Schauer über den Rücken.

Und dann die erste kontrollierte Bewegung: Tanz als ursprünglichster menschlicher Ausdruck von Rhythmus, pure Lebensfreude - ohne Umweg über Geist und Intellekt, direkt, unvermittelt, archaisch. Plötzlich brennt nicht nur ein Hölzchen, jetzt brennt der ganze Wald im Kaleidoskop menschlicher Gefühle, schweißtreibend, erotisch, kraftstrotzend und doch voller Leichtigkeit und lebensbejahendem Schweben: Das allwissende Orchester, Pulsgeber und Temperaturfühler des Abends und die unbändige Energie der Sänger/Darsteller/Tänzer peitschen sich gegenseitig hoch, bis sie in einem sagenhaften unisono explodieren.

„Musical ist die Nahaufnahme des Theaters.“
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